Dienstag, 19. März 2013

Neues aus Übersee



Hallo zusammen!
Seit dem letzten Eintrag ist einige Zeit vergangen – der Großteil davon war eher unspektakulärer Alltag. Allerdings vergehen meine Tage inzwischen irgendwie viel schneller, weil ich 2x pro Woche mit ein paar Arbeitskolleginnen von 17-18 Uhr zum Sport gehe und an diesen Tagen gleich nach der Arbeit in der Stadt bleibe, weil ich zu geizig bin, 2x extra Busgeld zu bezahlen… Und donnerstags hab ich abends immer von 19.30 – 21 Uhr Tanzkurs *yay*.  Dazwischen habe ich mich die letzte Zeit noch ein wenig um Dorian gesorgt (einer von uns 4 Freiwilligen hier in Ciudad Quesada), dem es nach einem Wochenendausflug von Jacó sehr schlecht ging, er mehrfache Krankenhausaufenthalte nötig hatte und seine Gastfamilie sich nicht wirklich um ihn gekümmert hat. Zuvor hatte ich ihm noch geholfen, von seiner Projektstelle an mein Schulzentrum zu wechseln, weil seine Busverbindungen miserabel waren und auch die Leute in seinem Projekt sich nicht wirklich für ihn interessiert haben. Es haben eben wirklich bei weitem nicht alle so ein Glück mit Familie und Arbeit, wie ich. Ich versuche mal nach Datum ein paar Erlebnisse der letzten Wochen zusammen zu fassen:


23.02.13 – Einführung in die Familie :)
Jedes Mal wenn ich das Datum schreibe, wird mir wieder klar, dass in Deutschland gerade noch Winter war und vielleicht sogar Schnee liegt – das will gar nicht in meinen Kopf hinein…
An diesem Samstag hab ich mit Jenny mal wieder ein spätes (10.15 Uhr) aber reichhaltiges Frühstück gemacht, mit dem typischen „Gallo Pinto“ (wörtlich heißt das sowas wie „gefleckter Hahn“, hat aber nix mit Geflügel zu tun, sondern ist einfach nur Reis mit gebratenen Bohnen, echt lecker), dann noch ein Käse-Salami-Sandwich und ein leckeres Omelette mit Erbsen und Tomate *yummi*.
Danach sind wir vielleicht 20-30min mit dem Auto einen guten Freund von Jenny besuchen gefahren, José, der Hobbykünstler ist und sich eine „Cabaña“ entworfen und mithilfe seines Bruders, der Architekt ist, gebaut hat. Cabañas sind wie kleine Ferienhäuschen oder Gartenhütten, mal größer mal kleiner aber wohl generell aus Holz wenn ich das richtig verstanden hab. Und die von José war echt irre schick und hatte alles was man zum Leben braucht. Leider hab ich meine Kamera vergessen, sonst hätte ich Fotos gemacht. Er hat selbst übrige Holzreste zu „Bildern“ als Wanddeko verarbeitet, sodass am Ende in der Innenausstattung der Hütte ein Mix aus rustikalem Holz und moderner Kunst entstanden ist. Und José selbst ist auch ein ganz herzlicher und liebenswerter Typ. Er arbeitet für die Regierung im Bereich Bildung für Behinderte. Gleichzeitig besitzt er noch eine Eisdiele in C.Q. gleich in der Nähe wo Jenny arbeitet, die billig und lecker sein soll – mal sehen wann ich zum Testen komme :)
Anschließend waren wir noch eine von Jennys Schwestern besuchen sowie nebenan deren Tochter mit ihren beiden Töchtern (die Familienmitglieder wohnen hier oftmals dicht beieinander). Was mich heute besonders erstaunte war, dass zwar unsere Nachbarin Marta wusste, dass Jenny mich aufnehmen würde, aber für viele ihrer Geschwister schien das dagegen eine Neuigkeit zu sein, denn sie fragten Jenny woher ich komme, wie lange ich bleibe und was ich die ganze Zeit mache… Vielleicht ist das Aufnehmen von Freiwilligen hierzulande einfach kein allzu großes Ding – José hat z.B. auch schon mal eine Schülerin aus Australien aufgenommen – aber wir mit unserer europäischen Mentalität hätten so eine Entscheidung doch wahrscheinlich schon im Voraus mit dem Rest der Familie geteilt, oder? Dorian und ich haben uns sowieso schon gefragt, aus welchen Gründen die Leute hier jemanden aus dem Ausland aufnehmen, denn die Gastfamilien erscheinen uns sehr unterschiedlich. Jenny ist alleinstehend und zählt schätzungsweise zur Mittelschicht und muss schon in einigen Aspekten aufs Geld gucken, während Helenas Familie schon gewissermaßen reich ist und z.B. eine nicaraguanische Haushälterin beschäftigt und die Familie von Dorian ist eher noch weniger gut verdienend als Jenny – also warum die vielen Kosten auf sich nehmen, schließlich bekommen sie keine finanzielle Unterstützung und müssen ein Jahr lang (bzw. 6 Monate) eine weitere Person durchfüttern und Strom und Wasser mitbezahlen…? Wenn ich besser Spanisch spreche, werde ich vielleicht mal nachfragen.
Als wir wieder zuhause waren, hat mich Jenny auch noch einmal explizit darauf hingewiesen, dass ich mir in meinem Zimmer alles so umräumen kann wie ich möchte und das haben wir dann gleich ein bisschen zusammen getan. Ich hab nämlich sogar einen eigenen Fernseher (Filme auf Spanisch zu gucken ist auch gut zum Lernen und wenn ich mal keine Lust drauf habe, gibt es auch Sender mit Kinofilmen auf Englisch mit spanischen Untertiteln – halleluja!) und den haben wir mit dem Tisch ein bisschen woandershin platziert und gegenüber mein kleines Zweisitzersofa und jetzt hab ich am Tisch sogar noch Platz für mein Netbook, sodass ich das nicht immer wieder wegräumen muss. Solche Kleinigkeiten tragen ungemein dazu bei, dass ich mich noch wohler fühle. 

erstes März-WE
Am 2. und 3. März sind wir (Rebecca, Jenny und 2 weitere Freundinnen) in den Norden an die Grenze zu Nicaragua gefahren. Am Grenzfluss Rio San Juan hatte irgendjemand eine Finca, die wir uns ausleihen durften. Wir haben an dem Wochenende nichts spezielles gemacht, aber die Landschaft war mal was anderes und da es auch so abgelegen und völlig untouristisch war, hab ich eine weitere authentische Seite von Costa Rica kennen gelernt, die zum Teil auch große Armut beinhaltet... 
Die Finca lag wie gesagt genau am Fluss, sodass wir quasi direkt aufs Nachbarland Nicaragua schauen konnten. Schön war auch, dass wir nach dem Frühstück die grünen Kokosnüsse aus dem Garten mit der Machete geöffnet haben und den leckeren Saft und das Mark genießen durften. Die Fahrt war auch wieder sehr speziell, weil die ganzen zwei-drei Stunden über holprige Piste verliefen.
Ansonsten lass ich mal die Fotos für sich sprechen…

50m großer Baum

kurz zuvor hatte ich mich gefragt, ob man in diesen Flüssen baden könnte bzw. ob Leute zwecks Grenzüberquerung durch schwimmen... die Frage hatte sich bei diesem Anblick gewissermaßen erledigt

Papaya-Baum *yummi*

Helikonien - ein Traum für die Kolibris





















08.03.13 – Freitagabend
Nach langem hin und her und einem verpassten Bus wurde ich gegen 21.30 Uhr von Helena’s Gastfamilie im Großraumauto abgeholt und wir fuhren ins Zentrum. Während der Vater mit den älteren Töchtern zum Italiener essen ging, begleiteten Helena und ich ihren 18jährigen Gastbruder in die Bar gegenüber – das Cachos Largos, wo ich schon zuvor mal mit meinen Arbeitskolleginnen war – wo an diesem Abend noch etwa 7 männliche Freunde des Gastbruders an unserem Tisch saßen. Ganz nach Tico-Art wurden wir von jedem einzeln mit Küsschen begrüßt, daran muss man sich erstmal gewöhnen, bei Leuten, die man noch nie zuvor gesehen hat… Im Laufe des Abends bekamen wir noch jede eine Serviettenrose von einem der Jungs geschenkt und als Helena ganz dezent darauf hinwies, dass doch internationaler día de la mujer (=Frauentag) war, wurde uns auch noch artig ein Tequila ausgegeben X-P 
gegen Mitternacht ging es dann von der Bar in die Disko – die einzige die in C.Q. länger als bis 2 Uhr offen ist. Die Musik war zwar extrem laut (noch am nächsten Morgen haben mir die Ohren geklingelt) aber es wurden sozusagen elektronische lateinamerikanische Rhythmen gespielt – d.h. sogar in der Disko wird hierzulande Salsa, Bachata, Merengue & Co getanzt! Es hat irre Spaß gemacht, endlich alles auszuprobieren, was wir so im Tanzkurs gelernt hatten und hier ist es auch nicht wie in Deutschland, wo 85% der Männer mit Bier am Rand der Tanzfläche rumstehen, neee, hier wartet eine Frau keine 30 Sekunden bis sie zum Tanzen aufgefordert wird – ein Traum! Und trotz oder dank einiger Tequila mehr, die Helena dem Barkeeper und einem unserer Begleiter abgeschwatzt hat, ging das Tanzen super gut – und es gab sogar ein paar Jungs, die größer waren als ich (eine absolute Rarität hierzulande^^). 
Als wir dann 2.30 Uhr aus der Disko raus sind, wurde ich auch noch sicher bis zum Taxi begleitet. 3 Uhr lag ich dann im Bett und bin am Samstag gegen 10.30 Uhr wieder aufgestanden – für Jenny kein Problem, sie hat ähnlich lange geschlafen und somit gab es 11 Uhr noch gemeinsames Frühstück :)


Nochmal kurz zum Alltag und der Arbeit: 
Es macht in der Schule immer mehr Spaß! Inzwischen begrüßen und verabschieden sich die Schüler auch von mir mit einer Umarmung und manchmal sogar einem Küsschen. Ich hab festgestellt, dass ich besonders auf die hyperaktiven Kinder eine sehr beruhigende Wirkung habe und gut helfen kann, dass sie sich besser auf die Aufgaben konzentrieren. Ich hab auch Connie ein bisschen Entspannungsmusik von meiner Festplatte auf ihren Rechner gespielt, die wir jetzt immer im Unterricht mit den unruhigen Schülern spielen – und letztens ist einer der Jungs sogar fast eingepennt, da mussten wir sie wieder ausschalten :-D Unglaublich wie das die Kids hier beeinflusst. Die Muttis zuhause hören eben eher Reggaeton, was natürlich deutlich aufwühlender ist als gediegene Klaviermusik… Mit José und Allan gehe ich in der Pause immer raus Fußball spielen – ihr könnt euch die beiden von der Motorik und Auge-Fuß-Ball-Koordination her in etwa wie 2-4jährige vorstellen. Ist also schon ziemlich spaßig mit ihnen.
Allgemein verstehe ich natürlich so langsam immer etwas mehr und kann mich inzwischen auch mit den Müttern der Schüler unterhalten, die meistens während des Unterrichts dableiben, weil die Kinder einfach ihre Bezugsperson brauchen und fast immer eine eins-zu-eins-Betreuung. Vielleicht sollte ich zum Unterrichtsablauf auch nochmal was extra schreiben, denn inzwischen hat sich doch noch eine Struktur im Schulalltag herauskristallisiert, die ich in den ersten 2-3 Wochen noch vergeblich gesucht hatte...

Zuhause gibt es mittlerweile einige Abende, an denen Jenny nicht gar so spät heimkommt und wir gucken ab und zu spanische Filme zusammen. Ansonsten genieße ich es weiterhin, dass es für sie kein Problem ist, wenn ich ohne sie etwas mit Freunden unternehme. Nach Tortuguero haben wir uns gemeinsam die Fotos angeschaut und uns darüber unterhalten, da sie auch noch nie dort war und sogar nicht mal wusste wo genau der Ort liegt und dass man nur mit dem Boot da hin kommt. Ahja, also das vergangene Wochenende hab ich einen längeren Ausflug nach Tortuguero mit Isabel von der Arbeit gemacht, aber das verdient einen Extra-Blogeintrag mit vielen tollen Fotos, der kommt also demnächst noch!
In der Osterwoche fahre ich evtl. mit Jenny zusammen eine ihrer Freundinnen an einem der schönen Strände am Pazifik im Norden besuchen, allerdings steht das alles noch völlig in den Sternen, weil sie noch nicht mal weiß, ob sie frei hat oder arbeiten muss.
Was jetzt schon feststeht, ist ein Ausflug zum Nationalpark Manuel Antonio von diesem Samstag/Sonntag bis nächsten Dienstag mit Isabel und noch 3 weiteren jungen Arbeitskollegen sowie einer Freundin, die mit uns in die Sporthalle geht. Der Strand dort soll sehr schön sein, d.h. ich werde hoffentlich endlich mal in den Genuss kommen, im Pazifik baden zu gehen...

So weit erstmal wieder von mir. Achja, ich hab übrigens die Kommentareinstellungen verändert, sodass man jetzt auch anonym Beiträge kommentieren kann ohne irgendwo ein Konto angeben zu müssen. Also lasst bitte mehr von euch hören bzw. lesen ;-)

Hasta luego!
Pia

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