Mittwoch, 10. April 2013

Alltagsthemen

Buenos dias a todos!

Mann oh mann, wie doch die Zeit rast. Ich habe immer wieder ein schlechtes Gewissen, weil ich meinen Blog so selten aktualisiere, aber es dauert eben doch immer eine Weile, eh ein neuer Text zusammengeschrieben ist - ganz zu schweigen vom Auswählen und Hochladen von Fotos... Dafür habe ich mir jetzt vorgenommen, nicht immer nur vom nächsten großen Ausflug zu berichten, sondern mehr von den kleinen alltäglichen Dingen zu erzählen. Eigentlich habe ich täglich schon gegen 14 oder 15 Uhr Schluss und man sollte meinen, das wäre genug Freizeit, um auch das Blogschreiben zu schaffen - aber während es mir hier ganz gut geht, hatten in letzter Zeit die anderen Freiwilligen in meiner Umgebung verschiedenste Sorgen. Und wie so oft, hat es mich mal wieder in die Kummerkasten- und Ratgeberrolle verschlagen, sodass ich gut mit der Lösung anderer Leute Probleme beschäftigt war X-) Hab es aber wirklich gern gemacht und war besonders froh, dass ich tatsächlich allen gut helfen konnte...

Aber jetzt erstmal, solange es noch nicht so lange her ist, was zum Thema OSTERN:



Einige von euch haben sich vielleicht gefragt, wie Ostern hierzulande so abläuft, deshalb kurz etwas dazu: Nach meiner Erfahrung verläuft das Ganze recht unspektakulär und auf jeden Fall ohne Ostergeschenke… Also erst mal sind die Feiertage ein klein wenig anders gelegt: den Ostermontag gibt es nicht – dafür ist der Gründonnerstag, hierzulande „jueves santo“ Feiertag. Die ganze Woche nennt sich „semana santa“ und wird von den Familien hier recht unterschiedlich verbracht, unabhängig davon, dass alle sehr katholisch sind. Viele machen sich zum Kurzurlaub mit der ganzen Familie auf zum Strand. Andere mögen den Reisestress wieder gar nicht, weil wirklich alle Welt auf den Beinen bzw. auf den Straßen ist und bleiben lieber in Ruhe zuhause. Und dann sind da noch die Osterprozessionen am Karfreitag – viernes santo. Die fallen in den jeweiligen Gemeinden sehr verschieden aus, vor allem unterschiedlich aufwändig. Ich hab mir sagen lassen, dass sie in Heredia besonders schön sein sollen, weil die Leute dort stärker in der spanischen Tradition verankert sind. Die Prozession die ich hier in der „Stammkirche“ von Jenny erlebt hab, war Bestandteil der katholischen Messe und ziemlich klein. Wir Gemeindeschäfchen sind alle gemeinsam mit der Prozession einmal um den Block gelaufen, vorneweg ein Auto im Schritttempo, das für die passende musikalische Begleitung sorgte; danach die büßenden Männer, die sich beim Tragen der schweren aufgebahrten Jesusfigur abwechselten und im Schlepptau mehrere schwarz-gekleidete Frauen, deren Bedeutung ich allerdings nicht herausfinden konnte. Jedenfalls trugen sie einzelne Schriftrollen, auf denen Zitate von Jesus am Kreuz geschrieben waren. Im Fernsehen wurden größere Prozessionen aus den Städten übertragen, da gab es (über)lebensgroße Figuren die ganze Szenen aus der biblischen Geschichte darstellten und dazu begleitende Musikantenzüge.


Kleine, feine Unterschiede…

Während manche von euch vielleicht die Vorstellung haben, dass ich hier in einer völlig anderen Welt lebe und es bestimmt nicht einfach ist, sich zurecht zu finden – muss ich sagen, dass ich mich gar nicht sooo sehr fremd fühle bzw. die Umgebung als gar nicht so anders als zuhause empfinde. Ich werde eher durch verschiedene Kleinigkeiten immer mal wieder erinnert, dass hier doch ein bisschen was anders ist.

Einmal hätten wir da das Thema <Verkehr>

- Taxis sind hierzulande rot und preislich kann man sie fast mit dem Busfahren bei uns vergleichen…
- Ampeln gibt es eher vereinzelt (gut, in der Hauptstadt mag es ein paar mehr geben) und bedeuten nicht etwa, dass man sich zwangsläufig nach ihnen richtet – für einige Ticos ist eine rote Ampel dasselbe wie bei uns ein Schild „Vorfahrt beachten“
- während die Ticos sonst absolut die Ruhe weghaben und ewig geduldig sind, gilt das Gegenteil beim Autofahren: da wird gerast, gehupt und geflucht sobald jemand den Verkehrsfluss stört
- Tempolimits werden selbstverständlich auch gern überschritten
- damit Parkverbote eingehalten werden, müssen die Zuständigen hierzulande schon mal auf Absperrungen am Straßenrand zurückgreifen, sonst werden sie eben ignoriert
- die meisten Busse hier haben irgendeinen christlichen Schriftzug oder ein Abbild von Jesus irgendwo außen oder innen nach dem Motto „ich vertraue auf Gott“ – und in gewisser Weise fahren sie auch in diesem Gottvertrauen: mit ordentlich Tempo um die Kurven, in denen man nicht sieht was von vorn kommt usw. (Wenn Gott will, dass wir einen Unfall haben, dann passiert das halt – mit der Fahrweise wird die Unfallmöglichkeit nur bedingt in Zusammenhang gebracht…)
- ahja und Alkohol am Steuer wird auch längst nicht so ernst genommen. Biertrinken und Autofahren passt für die Ticos durchaus gut zusammen (ein Grund mehr für Touris nicht in den Abendstunden im Auto unterwegs zu sein)
- ein anderer Grund dafür ist, dass es auf den Landstraßen keine Straßenmarkierungen gibt. Fahrbahnbegrenzung und Randstreifen sind eher die Ausnahme. Wenn man Glück hat, verfügt die Straße über streckenweise in den Asphalt eingelassene Reflektore, aber ansonsten ist es zappenduster.

Ein sehr angenehmer Unterschied ist das Thema <Höflichkeit>

- selbst unter jungen Leuten sind Floskeln wie „con permiso“ (mit Verlaub/wenn Sie gestatten) an der Tagesordnung zu allen möglichen Gelegenheiten, z.B. wenn man jmd. unterbrechen muss bzw. hier an der Schule wenn man das Klassenzimmer eines anderen Lehrers betritt oder wenn man den Tisch oder das Zimmer verlässt und und und
- Braulio, einer unserer „Sport“-Lehrer, ist 22 Jahre alt und ein Musterbeispiel an Höflichkeit. Er lässt uns Frauen prinzipiell den Vortritt, überlässt uns im Bus die Sitzplätze und setzt sich am Tisch erst, nachdem sich alle Frauen gesetzt haben… 

Etwas widersprüchlich zu dieser Höflichkeit empfinde ich das allgegenwärtige Zischen und Kommentieren der Männer auf der Straße (vom Gemüseverkäufer über Bauarbeiter bis zu irgendwelchen Typen die einfach nur grad so an der Straßenecke rumstehen) mit allen möglichen Komplimenten („guapa“ „muñeca“ „belleza“…).

Sehr faszinierend finde ich auch den Stellenwert, den das <Zähneputzen> hier einnimmt. Keine Ahnung ob das auf das ganze Land zutrifft oder nur unter meinen Lehrerkollegen so enorm ist (wobei es mir auch bei Jenny schon aufgefallen ist). Jedem Zahnarzt würde es die Tränen in die Augen treiben. Mir scheint, dass man prinzipiell eine Zahnbürste und Pasta einstecken hat und das mit den „3x am Tag putzen und nach jeder Mahlzeit“ wird echt wörtlich genommen!

Noch ein Detail, was anders ist als in Deutschland: sämtlicher Zucker stammt vom Zuckerrohr. Zuckerrüben gibt es hier nicht.
Das ist erstmal alles, was mir für den Moment einfällt.

Morgen ist hier Feiertag. Tag des Nationalhelden Juan Santamaría, der Costa Rica mal vor dem übermütigen Eroberer William Walker bewahrt hat :) (wer mehr wissen will, befrage bitte Google) Mal sehen was ich mit der zusätzlichen Freizeit anstelle.

Jetzt erstmal ganz herzliche Grüße aus Costa Rica und ich hoffe, der Frühling hat sich inzwischen in Alemania eingestellt und keiner von euch wird von Winterdepressionen geplagt! :)
hasta la próxima!
Pia